Wenn Kinder in einer Sackgasse stecken
Autor: Christina Buchner
„Mama, Mama, stell dir vor!“ Florian reißt die Wohnungstüre auf, schwenkt ein Heft und muss sofort seine Neuigkeit losbringen. „Sie hat gesagt, das hast du ganz toll gemacht!“ ruft er mit blitzenden Augen und roten Wangen. „Sie“, damit meint Florian seine neue Lehrerin, Frau Pichler. Nun könnte man meinen, sowas Besonderes ist das doch nicht, wenn ein Kind von seiner Lehrerin gelobt wird. Für die meisten Kinder wahrscheinlich nicht, für Florian allerdings schon. Für ihn ist das eine vollkommen neue und wunderbare Erfahrung.
Als er vor fast zwei Jahren in die Schule kam, war er stolz und freute sich darauf, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen. Doch diese anfängliche Freude währtenur kurz, denn Florian, der eher still und zurückhaltend ist, tat sich schwer mit dem Eingewöhnen. In seiner Klasse gab es einige sehr wilde Buben, die bald das Regiment führten und ihm regelrecht Angst machten. So verlegte er sich darauf, für alle den Clown zu spielen und hatte einige Zeit auch Erfolg damit. Nur – für das Lernen war das sehr hinderlich und Florian kam immer mehr ins Abseits. Seine Lehrerin, die mit den wilden Buben schon genug zu tun hatte, war zunehmend genervt von seinen Kaspereien und zeigte ihm das auch. Doch je mehr Florian sich abgelehnt fühlte, desto mehr drehte er auf und war bald in einem Teufelskreis gefangen, aus dem er nicht mehr herausfand. Die Eltern merkten, wie schlecht es ihm ging, doch sie waren machtlos und auch Gespräche mit der Lehrerin verliefen ergebnislos. So war die Schule für die ganze Familie zu einem echten Problem geworden.
Wer weiß, wie Florians Geschichte weitergegangen wäre, wenn nicht seine Mama im Supermarkt zufällig gehört hätte, wie zwei Frauen über Schulprobleme sprachen und die eine zur anderen sagte: „Seit unsere Trixi in der neuen Schule ist, blüht sie richtig auf. Sie kapiert jetzt auf einmal sogar ihre Rechenhausaufgaben und geht jeden Morgen ganz fröhlich aus dem Haus! Wir haben ein völlig anderes Kind!“ Da wusste Florians Mama, was zu tun war. Sie erkundigte sich nach alternativen Schulmöglichkeiten und bald war das Richtige für Florian gefunden. Er wechselte die Schule, seine neue Lehrerin war über seine „Vergangenheit“ informiert und ging sehr behutsam mit ihm um. Vom ersten Tag an fühlte Florian sich akzeptiert und konnte sich nun – ohne den Zwang, sich durch Herumblödeln zu beweisen – auf das Lernen konzentrieren. Er hatte den Ausweg aus dem Teufelskreis geschafft.
Kann man jetzt sagen, Florians ursprüngliche Schule sei schlecht gewesen? Nein, ganz gewiss nicht, aber es gibt – oft bedingt durch das unglückliche Zusammentreffen mehrerer Faktoren – Konstellationen, die so verfahren sind, dass nur noch ein Schulwechsel hilft.
Auch an der BEL gibt es einige Quereinsteiger, die sich sehr gut eingewöhnt haben, gerne in die Schule gehen und der wandelnde Beweis dafür sind, dass man aus einer Sackgasse wieder herausfinden kann.
Für uns an der BEL ist deshalb klar: Wir wollen auch Quereinsteigern eine Chance geben, bei uns und mit uns die schönen Seiten des Lernens zu entdecken.